50 Jahre „Dark Side of the Moon“

50 Jahre „Dark Side of the Moon“

Vor 50 Jahren erblickte Pink Floyds „Dark Side of the Moon“ das Rampenlicht der Öffentlichkeit

Das legendäre Konzeptalbum wurde eine der erfolgreichsten Platten der Geschichte

Nach knapp einem Monat Verzögerung war es endlich soweit: Am 20. Februar 1972 spielte die Londoner Psychedelic Rock-Band Pink Floyd im Brighton Dome erstmals das gesamte Konzeptalbum „Dark Side of the Moon“ vor Publikum. Das sollte eigentlich bereits am 17. Januar am selben Ort geschehen, doch das Konzert musste nach „Money“ aufgrund technischer Probleme abgebrochen werden. Das Nachholkonzert am 20. Februar 1972 kann also getrost als der Abend betrachtet werden, an dem das legendäre Album das Rampenlicht der Öffentlichkeit erblickte.

Es verging dann noch gut ein Jahr, bis „Dark Side of the Moon“ am 24. März 1973 auf Vinyl veröffentlicht wurde. Sie hielt sich jahrelang in den internationalen Charts, im Jahr 2008 erreichte die Zahl der verkauften Tonträger 50 Millionen. Immer noch werden jährlich circa eine Viertelmillion weitere verkauft und wurde damit das kommerziell erfolgreichste Album der Band.

Die Idee zu dem Album stammt vom Bassisten und Sänger Roger Waters. Ihn inspirierte der dramatische drogenbedingte Verfall des Pink Floyd-Gründungsmitgliedes Syd Barrett und die darauf basierende Frage, was sensible Menschen in den Wahnsinn treiben kann. Er wollte anonyme Machtfaktoren wie Geld und Kriegswahn sowie unabänderliche Dinge wie die Zeit thematisieren. In Wikipedia heißt es dazu: „Auch ernüchternde Erfahrungen mit dem Musikbusiness und der Verlust einer Utopie, an die etwa noch die Hippiegeneration glaubte, färbten auf die Texte ab.“ Heraus kam dem Verfasser mehrerer Gitarren-Lehrbücher Wieland Harms zufolge „ein Tongemälde, das die Pressionen des Alltagslebens und Reaktionen darauf wie Entfremdung, Verdrängung und Schizophrenie darstellte.“ „Dark Side of the Moon“ wurde bis Juli 1975 in voller Länge auf jedem Pink Floyd-Konzert gespielt.

Aufgenommen wurde das Album zwischen Juni 1972 und Januar 1973 in den Londoner Abbey Road Studios. Außer den Band-Mitgliedern Roger Waters (Bass), David Gilmour (Gitarre), Rick Wright (Keyboards) und Nick Mason (Drums) wirkten daran Dick Parry (Saxophon), die Sängerin Doris Troy mit ihrem legendären Vokalsolo im Stück „The Great Gig in the Sky“ sowie Lesley Duncan, Liza Strike und Barry St. John als Background-Chor mit. Außerdem wurden kurze Fragmente aus Interviews, die Roger Waters mit zufällig im Studio anwesenden Personen wie Studiomitarbeitern und Mitgliedern der Gruppe „Wings“ führte, zwischen und in die Stücke geschnitten bzw. in diese integriert. Zwar wurde einerseits kein Zitat von dem ebenfalls interviewten Paul McCartney verwendet, jedoch sprach der Pförtner der Abbey Road Studios das treffende Schlusswort des Albums: „There is no dark side in the moon, really; (as a) matter of facts it’s all dark.“ (dt.: „Es gibt beim Mond keine dunkle Seite; tatsächlich ist er ganz dunkel.“)

2006 in Köln: Jürgen Streich im Gespräch mit Pink Floyd-Schlagzeuger Nick Mason über dessen Buch „Inside Out“, in dem es um die Geschichte der Band geht, die auch in Streichs Leben einen ganz besonderen Platz einnimmt. Foto: Siegfried Offermann

Charakteristisch für „Dark Side of the Moon“ sind außer Rick Wrights Synthesizer-Einsatz in größerem Stil und dem Blues-beeinflussten Gitarrenspiel von David Gilmour alltägliche Geräusche und Klänge. Außer dem Herzschlag gleich zu Beginn sind das das Klingeln einer Registrierkasse am Anfang von „Money“ und die zahlreichen miteinander vermischten Klingeltöne von Weckern und Stundenschläge von Uhren im Intro von „Time“. Beides geht auf Ideen von Alan Parsons, der damals als Toningenieur bei Pink Floyd arbeitete, zurück.

Während der kurze Song „Home“ vertraute Heimeligkeit thematisiert, geht es in „On the Run“ um die Angst vorm Reisen. Da das Stück mit dem Geräusch eines explodierenden Flugzeugs endet, könnte Roger Waters‘ Flugangst die Idee dazu geliefert haben.

Das Cover von „Dark Side of the Moon” ist ein frühes Beispiel für die Maßstäbe setzenden weiteren Cover von Pink Floyd, die mit Ausnahme derer von „The Wall“ und des letzten Albums „The Endless River“ von Storm Thorgerson gestaltet wurden. Bei „Dark Side of the Moon“ hatte Thorgersons Kollege im Hipgnosis-Designstudio, George Hardie, die Vorarbeitet geleistet.

Das Motiv geht auf einen Schallplattencover-Klassiker, das Alex Steinweiss im Jahr 1942 für Beethovens 5. Klavierkonzert gestaltet hatte, zurück. Dabei wurde für Pink Floyd Steinweiss‘ Konzertflügel durch das Prisma ersetzt. Der weiße Lichtstrahl, der durch dieses in seine Spektralfarben aufgefächert wird, setzt sich im Innenteil des Covers von „Dark Side of The Moon“ in Form der wie von einem EGK-Gerät aufgezeichneten Herzschläge fort. Das Album erschien 1983 erstmals auf CD und wurde seither mehrfach remastert. Im Juni 2015 wählte das renommierte Musikfachblatt „Rolling Stone“ „Dark Side of the Moon“ auf Platz 1 der 50 besten Progressive-Rock-Alben aller Zeiten.

Das von Alex Steinweiss im Jahr 1942 gestaltete Cover für Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 5 lieferte die Idee für das Cover von „Dark Side of the Moon“.

Nachtrag zum 50-Jahres-Jubiläum der Veröffentlichung auf Tonträger

Aus Anlass des 50. Jahrestages der Veröffentlichung am 24. März 1973 zunächst auf Vinyl – manche Quellen nennen den 1., andere den 3. und Wikipedia den 9. März 1973 – sind zahlreiche Artikel zu diesem bahnbrechenden Album erschienen. Sehr empfehlenswert ist der Beitrag von Christian Bos im Kölner Stadt-Anzeiger (siehe hier).

Design der Jubiläumsbox.

Nach der 1983 erschienenen remasterten Version wurde „The Dark Side of the Moon“ noch häufig neu abgemischt. Am 24. März 2023 erscheint eine 50-Jahres-Jubiläumsbox von Pink Floyd (siehe hier).

Roger Waters hat indessen einen ersten Ausschnitt der von ihm angekündigten neuen Version von „The Dark Side of the Moon“ veröffentlicht (siehe hier). Er betonte, dass seine Neufassung keine „Rock ´n Roll-Gitarrensoli“ enthalten werde, was zweifellos als Seitenhieb gegen David Gilmour zu verstehen ist. Nach der ersten Hörprobe der Waters-Version vermutet der AUSSICHTEN-Herausgeber und -Redakteur Jürgen Streich nicht, dass diese auch nur irgendwie am Ruhm des Albums von 1973 kratzen wird.

Titelseite des bei Edel Books erschienenen Jubiläumsbandes.

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