Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Wladimir Putin

Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Wladimir Putin

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag. Foto: IStGH

Protest gegen den von Wladimir Putin befohlenen Angriff auf die Ukraine. Foto: Ukraineforum

Der Internationale Strafgerichtshof (IstGH) im niederländischen Den Haag hat Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen. Damit soll sich erstmals ein Staatschef vor dem Gericht verantworten. Der IstGH begründet seine Entscheidung mit Deportationen von Kindern, die völkerrechtlich Kriegsverbrechen darstellten. In diesem Punkt ist nach Ansicht von Experten des internationalen Rechts die Beweisführung am einfachsten. Später könne auf dieser Basis möglicherweise eine Anklage wegen Völkermordes erhoben werden. Mit zur Verhaftung ausgeschrieben ist die „Kommissarin für Kinderrechte im Büro des Präsidenten der Russischen Föderation“, Maria Aleksejewna Lwowa-Belowa.

Der deutsche Völkerrechtler Daniel Erasmus Khan hält die Herangehensweise des IstGH und seines Chefanklägers Karim Khan, auf diesem Wege vielleicht auch weitere Kriegsverbrechen und sogar Völkermord beweisen zu können, so der Völkerrechtler, für „einfacher, effektiver“ als andere Methoden und „einfach eine geniale Idee.“ Schließlich ist bei Haftbefehlen und Anklagen vom IStGH keine Zustimmung des Weltsicherheitsrates, in dem Russland ein Vetorecht hat, erforderlich.

Daniel Erasmus Khan ist der Ansicht, dass mit diesem Schritt „Putins Ende näher gekommen“ sei. So könne der russische Präsident künftig kein Territorium eines der 123 Unterzeichnerländer des IstGH mehr betreten, ohne verhaftet zu werden. Allenfalls Vasallenregierungen wie die von Belarus dürften ihn in Zukunft noch innerhalb ihrer Grenzen dulden.

In seiner Analyse in SPIEGEL.de argumentierte deren Autor Dietmar Hipp, dass dies „kaum mit dem Ego und Selbstverständnis“ vereinbar sei. Die russische Propaganda könne den Sachverhalt nicht „schönreden“. Zudem sei es für ein Land, so Hipp, dessen Staatschef sich nicht mehr auf internationalem Parkett bewegen könne, ein ernsthaftes Problem. Putin müsse auch damit rechnen, von einem Nachfolgeregime – wie einst der serbische Präsident Slobodan Milosevic – nach Den Haag ausgeliefert und verurteilt zu werden. Der Kölner Experte für internationales Strafrecht, Nikolaos Gazeas, sieht daher in der Anklage Putins laut SPIEGEL.de „ein ganz wichtiges Zeichen“, weil es „mit einer absolut legitimen und notwendigen Prangerwirkung einhergeht.“

Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann begrüßte den Haftbefehl. „Wer wie Putin einen blutigen Krieg angezettelt hat, sollte sich dafür vor Gericht verantworten müssen“, sagte der FDP-Politiker zum Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei „die beste Lösung“, wenn eine Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof erhoben werden kann. Der nun erlassene Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen ist ein wichtiges Signal der Entschlossenheit.“

Die Ministerpräsidentin Estlands, Kaja Kallas, äußerte sich ähnlich. Der Haftbefehl gegen Putin sei „ein historisches Signal“, denn „alle Gräueltaten gegen die Ukraine gehen auf die kriminelle Politik der russischen Führung zurück“, twitterte sie kurz nach Bekanntwerden des IStGH-Beschlusses. Der Präsident Estlands, Gitanas Nasanas, mahnte die Weltgemeinschaft, sich darüber hinaus auch mit der seitens Russlands begangenen „Kriegsverbrechen wie Folter, Vergewaltigungen und Massenmorde, die an der ukrainischen Bevölkerung verübt“ worden seien, zu widmen. Der Ministerpräsident befand: „Die Gerechtigkeit naht.“ Sein Außenminister, Gabrielus Landsbergis erinnerte daran, dass „die Geschichte jedoch erst abgeschlossen sein (wird), wenn alle Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression untersucht und die Schuldigen verurteilt sind.“  

Ein Sprecher des UN-Generalsekretärs António Guterres sagte, dass der „immer mit jedem sprechen (wird), mit dem es nötig ist zu sprechen.“ Er betonte zudem, dass die UNO und der IstGH getrennte Organisationen seien. Der IStGH wurde 1998 nach durch von der UNO geleitete Verhandlungen zustande gekommene Römische Statut gegründet. Die Ukraine hat das Abkommen seinerzeit zwar nicht unterzeichnet, jedoch übergab der damalige Außenminister Pawlo Klimkin im Jahr nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim anno 2014 in Den Haag eine Erklärung, der zufolge die Ukraine den IStGH für auf ihrem Gebiet begangene Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkennt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte den Haftbefehl gegen Putin als „historische Entscheidung“, denn es seien seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 mehr als 16.000 Kinder nach Russland verschleppt worden. In seiner abendlichen Videoansprache betonte er, dass es „unmöglich“ gewesen sei, „eine solche kriminelle Operation ohne die Zustimmung des Mannes an der Spitze des terroristischen Staates durchzuführen.“

Mit Informationen von Reuters und SPIEGEL

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