Plastic People

Plastic People

Nach dem nahezu ergebnislosen Klimagipfel das Ökoverbrechen der Fußball-WM in der Wüste: Ist der Planet noch zu retten – trotz Bewohnern wie uns?

Gedanken zum Zustand unserer Welt von Markus Brakel

Nun ja, Klimaleugner kann heute jeder sein. Einfach bestreiten, was wissenschaftliche oder sogar erlebte Wahrheit ist. Politisch ist das ja ohnehin schon gang und gäbe.

Weggeworfener Müll auf völlig überdüngtem Wasser mit Quallen-Überpopulation, aufgenommen im Eckernförder Hafen.

Um aber vom Klima noch zu retten, was vielleicht noch zu retten ist, lautet die alternativlose Forderung, Umweltzerstörung in jeder Form zu minimieren oder ganz zu vermeiden. Natürlich ist es beispielsweise nicht angenehm, von einem fetten Wohnzimmer auf vier Rädern, einem SUV, auf ein den Normal-Notwendigkeiten der motorisierten Fortbewegung angepasstes Automobil umzusteigen. So einen Wechsel kann man zwar machen. Muss man aber nicht.

Pendlerfahrzeug in Deutschland.

Wer allerdings von all dem, was unser konsumorientierter Turbo-Kapitalismus so anrichtet und dessen wahre Profiteure an ein paar Fingern abzuzählen sind, schier gar nichts wissen will, sollte sich mal untersuchen lassen. Nein, nicht auf den Geisteszustand (obwohl das vielleicht auch angebracht wäre!), sondern darauf, was er ungewollt so mit sich schleppt.

Frank Zappa (1940 -1993).

Als der geniale Musiker, Komponist und Texter Frank Zappa 1962 den Song „Plastic People“ herausbrachte, hätte er sich wohl nicht träumen lassen, dass aus einer ironischen Gesellschaftskritik gelebte Realität werden könnte. Aber Fakt ist – und deshalb auch die Untersuchung: Inzwischen trägt jeder von uns Plastik in sich, wir sind also längst „Plastic People“! Und es findet sich auf dem gesamten Globus, kein Ort zu abgelegen oder zu entfernt, als dass er nicht mit Kunstmüll durchsetzt wäre. Selbst am Boden der uns in weiten Teilen immer noch unzugänglichen und unbekannten Tiefsee gibt es ihn – wie auch in der Arktis oder Antarktis.

Zwar sind die Partikel in unserm Körper verschwindend klein – aber sie sind vorhanden. Was Spekulationen erlaubt: denn genauso steil wie die Wachstumskurve der Menschheit auf diesem Planeten verläuft seit Ende vergangenen Jahrhunderts auch die des Kunststoff-Verbrauchs. Immer mehr Plastik in der Landschaft und immer mehr Plastik in uns selbst. Vielleicht müssen wir ja bald unsere Friedhöfe abschaffen und Verstorbene künftig über die Gelbe Tonne entsorgen? Oder gleich als Sondermüll?

Acht Milliarden sind wir jetzt! Und ich habe schon Schwierigkeiten, mit den paar Leuten aus meinem Umfeld klarzukommen. Diese acht Milliarden sind per se schon ein Bürde für diesen Planeten. Und was angeblich um ihrer Willen angerichtet wird, lastet noch viel schwerer auf den Schultern von Mutter Erde. Der jüngste Weltklimagipfel wirft als „Ergebnis“ für mich zwei Fragen auf: Was bringt der mit Mühe eingerichtete Hilfsfonds für besonders von Umweltkatastrophen betroffene „Entwicklungsländer“ (was soll man unter diesem bescheuerten und diskriminierenden Begriff eigentlich verstehen?), der nach aktuellem Stand nicht mehr ist als eine schwer erhandelte Geste grundsätzlich guten Willens?  Und wie soll man die Tatsache werten, dass ein an der globalen Karbonisierung so massiv ursächlich beteiligter Staat wie Saudi-Arabien den vorgesehenen Stopp für Öl, Gas und Kohle (wenn auch erst in weiter Ferne) mit einem simplen Veto blockieren kann? Gerade die Staaten der arabische Halbinsel, auf der sich die Hauptprofiteure der Umweltverschmutzung in teils groteskem Reichtum suhlen, sollten für Reparationen herangezogen werden. Aber auch noch so viele Geldscheine werden Inseln, die von steigenden Ozeanen allmählich verschluckt werden, nicht auf ein Niveau heben können, dass Überflutungen verhindert.

Wird es in Zukunft Platz und Nahrung genug für noch mehr als acht Milliarden Menschen auf der Erde geben? Schon jetzt ist die Versorgungslage schwierig. Foto: NASA

Im Stau westlich von Köln. Im Hintergrund mit Blick Richtung Aachen klimaschädliche Kraftwerksabgase.

Fette Kohle hilft dagegen sehr wohl beim klimatischen Wahnsinn, ganze Fußballstadien auf erträgliche Temperaturen herunterzukühlen. Vom Bau dieser mörderischen und in Kürze dann überflüssigen Arenen mitten in der Wüste ganz zu schweigen. Dass auf den Weltklimagipfel unmittelbar diese Fußball-Weltmeisterschaft folgen kann, spricht für sich. Genauer: es macht einen sprachlos!

Auf der ganzen Welt werden Wälder für den Kommerz gerodet. Bild: Peter H. H. Klaucke

Dunstschwaden aus einem der größten Braunkohlenkraftwerke der Welt in Bergheim-Niederaußem, westlich von Köln.

Fotonachweis:

Fotos / Bilder außer den gesondert gekennzeichneten und dem Zappa-Porträt, von dem kein Urheber zu ermitteln war: Jürgen Streich


Über den Autor

Markus Brakel wurde am 26. Juli 1960 in Münster geboren. 1983 begann er als Volontär bei den „Westfälischen Nachrichten“ und blieb bis 1990 als Redakteur bei dem Blatt. Nach Stationen beim Presseamt der Stadt Münster und als freier Journalist wurde Markus Brakel Chef vom Dienst beim Privatsender „Antenne Düsseldorf“. 1995 veröffentlichte er den Düsseldorf-Krimi „Kö-Schatten“, 1998 wurde er freier Autor und schrieb fortan u.a. für das „Handelsblatt“, die „Welt am Sonntag“ und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schwerpunktmäßig über die Themen IT-Dienstleistungen, Logistik, Telekommunikation und Gesundheitspolitik. Seine satirische Ader befriedigte der eingefleischte Fan des ersten Deutschen Fußballmeisters Preußen Münster zeitweise bei einem Online-Satire-Magazin speziell im Sportbereich. Gemeinsam mit dem damaligen SAP-Forschungschef Lutz Heuser realisierte er als Co-Autor und Redakteur das Buch „Heinz´ Life – Kleine Geschichte vom Kommen und Gehen des Computers – 1962 bis 2032“ in Form eines Tagebuches über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Markus Brakel war Pressereferent der Bundeszahnärztekammer und später bei der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde.

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