Dorf der Wolkenmacher
Jürgen Streich empfiehlt Kay Löfflers Jugendroman – auch für Erwachsene
Marvin ist kein Kind mehr, aber auch noch nicht erwachsen. Er ist Anführer einer Gruppe von Freunden im Jugendlichen- und Kindesalter, die sich auf einer Lichtung eine Hütte gebaut hat und dort ein Pony versteckt hält. Das Tier sollte eingeschläfert werden, weil dessen vorheriger Besitzer in ein Altersheim umziehen musste. Bald schon stehen Marvin und seine Freunde in der Nähe ihres Idylls vor einem Schild, das den Zutritt zu einem riesigen Areal verbietet. Letztlich erfahren sie durch einen Polizisten, dem Vater eines der Kinder, dass nicht nur ihre geliebte Lichtung, sondern auch ihr Heimatdorf weggebaggert werden und einem Braunkohlentagebau weichen soll.
Mit Hilfe eines „ausgeborgten“ Babyphons hören sie eine geheime Gemeinderatssitzung ab und entschließen sich – besser informiert als die restliche Bevölkerung – zum Widerstand. Die Kinder und Jugendlichen lernen schnell die Grenzen zwischen legalem und illegalem Protest kennen, aber auch die zwischen Gleichmut und Unterwürfigkeit einerseits sowie Mut, Hoffnung und Zivilcourage andererseits.
Dabei stoßen Marvin und seine Freunde auch an ihre Grenzen. Tatsächlich müssen sie wegziehen, teils in unterschiedliche Richtungen. Vanessa liefert das Pony Cherokee unter Tränen in einem Tierheim ab und verspricht Marvin, mit dem sie eine sich anbahnende Jugendliebe verbindet, ihn schon bald zu besuchen.
Und Marvin kratzt am neuen Wohnort, im Dorf der Wolkenmacher, von dem die Wolken der Braunkohle-Verbrennung aufsteigen, mit seinen Freunden das Geld für einen ersten Baum zusammen…
Der Autor Kay Löffler hat mit Dorf der Wolkenmacher einen wichtigen Jugendroman vorgelegt, der – aufgrund seines realistischen Hintergrundes im Rheinischen Braunkohlerevier – auch Pflichtlektüre all der Erwachsenen werden sollte, die in verschiedenen Gremien über die Vernichtung ganzer Regionen entscheiden.
Als ich dieses Buch bereits im Jahr 2001, unmittelbar nach seinem Erscheinen, vorstellte, war es hochaktuell. Und ist es heute noch. Dabei macht es Spaß und Mut, Dorf der Wolkenmacher zu lesen. Es ist ein Buch, das auch und gerade jetzt weitere Leserinnen und Leser finden sollte.
Kay Löffler, Dorf der Wolkenmacher, 2001 im Klaus Bielefeld Verlag in Friedland erschienen, seit 2007 in der Edition Probilitis direkt beim Leipziger Engelsdorfer Verlag oder via Amazon, ebay etc. für € 9,80 erhältlich , ISBN 3-86703-220-3
Über den Autor
Kay Löffler, geboren 1958 in Heide/ Holstein, gab einige Jahre nach seiner Ausbildung in der öffentlichen Verwaltung seinen Wohnsitz auf und bereiste mit seinem VW-Bus und öffentlichen Verkehrsmitteln den Vorderen Orient, Indien, Nepal und Sri Lanka. Er jobbte unter anderem bei einem Zirkus in Griechenland und kehrte 1988 als Ermittlungsdienstleiter in Köln-Chorweiler in die Kommunalverwaltung zurück. Heute leitet er das Sachgebiet „Öffentliche Sicherheit und Ordnung“ der Kreisstadt Bergheim.
Seit 1977 veröffentlichte er – teilweise unter seinem Geburtsnamen Müller – Kurzgeschichten, Lyrik, Satire und „Telegrammprosa“, u. a. in dem Computermagazin c’t, im Kölner Stadt-Anzeiger, beim WDR und in mehreren Anthologien. 1999 erschien sein Debütroman „Ermittlungsdienst Chorweiler“, in dem er seine Erfahrungen in dieser Kölner Trabantenstadt verarbeitete. 2001 erschien sein Roman „Dorf der Wolkenmacher“. Mit einer Lesung aus diesem Buch begann 2012 die Besetzung des Hambacher Forsts, in deren Folge bis zu 40.000 Menschen für den Erhalt dieses Waldgebietes demonstrierten.
Beide Bücher wurden in Schulen und Schulbüchern sowie wissenschaftlichen Werken behandelt bzw. zitiert. Später folgten Anthologien zum Teil satirischer Art und Selbstherausgaben. Löffler ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland sowie im Verband deutscher Schriftsteller (VS) und im Autorenkreis Rhein-Erft. Er lebt heute in Elsdorf im Rheinland.