Von der Relativität der Freiheit
Wie weit soll und darf sie gehen und wo sind ihre Grenzen?
Von Jürgen Streich
Losgelöst von nahezu allem habe ich mich frei gefühlt wie nie zuvor. Einserseits. Denn andererseits war ich einigen Gesetzen stärker ausgesetzt denn je. Völlig auf mich allein gestellt. Und auf Gedeih und Verderb abhängig vom Funktionieren der Technik, die ich mit mir trug. Wer sich je – nicht etwa von einem Sprungturm oder mit einem versierten Tandempartner im Rücken – allein im freien Fall befunden hat, weiß, was das bedeutet. Tatsächlich scheint, um den Chansonier Reinhard Mey zu zitieren, die Freiheit über den Wolken grenzenlos zu sein, fühlt man sich, wenn man den Umgang mit den dann besonders deutlich spürbaren Kräften wie Erdanziehung und Luftwiderstand ein wenig gelernt hat, frei wie ein Vogel.
Das allerdings nur kurz. 50 Meter in der Sekunde, also mit 180 Stundenkilometern, rast man auf die Erde zu. Die Freiheit unter den Wolken wird dann zeitlich überschaubar. Man ist schlicht gezwungen, den erlernten Ablauf kompromisslos einzuhalten. Andernfalls endet jegliche Entscheidungs- und andere Freiheit abrupt und ein für alle Mal. Verhält man sich aber den Naturgesetzen und den Regeln entsprechend, werden der freie Fall und das Gleiten am Schirm zu unvergesslichen Momenten der Freiheit, bis Mutter Erde den menschlichen Flieger wiederhat.
Dieses Beispiel verdeutlicht: Vollständige, grenzenlose Freiheit gibt es nicht, Freiheit ist immer relativ. Selbst Astronauten, die außerhalb der Erdatmosphäre schwerelos und völlig losgelöst, weil kabellos, außen an der Raumstation ISS arbeiten, sind nicht frei, sondern den Gesetzen der Physik und dem Funktionieren der Technik in ganz besonderem Maße ausgesetzt; von strikt durchgetakteten Ablaufplänen einmal ganz abesehen.
Doch auch völlig unanbhängig von Naturgesetzen, Technik und Regeln gibt es Freiheit immer nur mal mehr oder eben auch weniger. Das gilt im Privaten, in Politik und Gesellschaft, Wirtschaft, Religion und natürlich auch in noch so fairen sportlichen Wettkämpfen.
Ganz simpel ausgedrückt ist es so: Nimmt Person A sich die besondere Freiheit heraus, Person B den Schädel einzuschlagen, bedeutet das für Person B, gelinde ausgedrückt, extreme Unfreiheit. Dabei muss bei zivilisierterem Umgang miteinander die Freiheit des einen keineswegs immer Unfreiheit des anderen bedeuten. Im Gegenteil kann vermeintliche Unfreiheit letztlich sogar sehr befreiend wirken. Ein Beispiel dafür ist der Ausgang des Zweiten Weltkrieges, als die Alliierten Deutschland vom Nazi-Regime befreiten, das zuvor das eigene Volk missbraucht und geknechtet und dann andere Länder überfallen, deren Menschen unterworfen, terrorisiert und teils vernichtet hatte. Diese Befreiung war zweifellos nötig, doch auch viele Jahrzehnte später hat sich die Erkenntnis, dass man als selbsternannter Befreier anderen Ländern und Völkern nicht einfach das eigene Verständnis von Freiheit und Demokratie überstülpen kann, unter den Staatslenkern immer noch nicht hinreichend herumgesprochen.
Dabei muss niemand, kein Mensch und kein Volk, es einfach hinnehmen, dass andere sich Freiheiten genehmigen, die einen selbst oder andere beeinträchtigen, vielleicht sogar bedrohen. Doch wie einzelne Menschen, Gruppen oder Völker ihre Freiheit erkämpfen oder verteidigen, sollte mit anderen in möglichst demokratischem Konsens entschieden werden.
Hierzu ist es wichtig, den Sinnzusammenhang von Rosa Luxemburges berühmtem Zitat, demzufolge Freiheit immer die des Andersdenkenden ist, zu kennen. Vollständig lautet es nämlich so: „Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der ‚Gerechtigkeit’, sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die ‚Freiheit’ zum Privilegium wird.“ – Vereinfacht ausgedrückt: Denk- und Meinungsfreiheit hat für alle zu gelten, andernfalls steht die Freiheit als solche auf tönernen Beinen, bricht also leicht in sich zusammen. Auch darf Freiheit nicht nur für Anhänger bestimmter, dem jeweils herrschenden Regime genehmen Denkrichtungen und Gruppen gelten, weil sie sonst sowohl ihre innere Korrektur als auch ihre gestalterische Kraft verliert.
Selbstverständlich bedeutet dies nicht, dass Gesellschaften und Individuen jeglichen als freie Meinungsäußerung deklarierten Unfug akzeptieren müssen. Falschbehauptungen sind eben genau das und nicht etwa „alternative Fakten“, als die manche irrlichternden Staats- und Regierungschefs sie – insbesondere dann, wenn sie beim Lügen ertappt worden sind – gerne hinstellen würden. Zwei plus zwei ist nun einmal vier und nicht fünf, wie der Große Bruder, die über alles herrschende Partei in George Orwells dystopischen Roman „1984“, einem Widerständler unter Folterqualen klarmachen will. Und die Naturgesetze sind durch keine noch so große Mehrheit in irgendeinem Parlament zu verändern. Vor diesem Hintergrund würde ich mir oftmals wünschen, dass auch deutsche Gerichte deutlicher zwischen falschen Tatsachenbehauptungen und angeblich freier Meinungsäußerung unterscheiden und entsprechend urteilen würden.
Inzwischen fordern nämlich insbesondere diejenigen das Recht auf freie Meinungsäußerung – und damit von Verbreitung mancher Halb- und kompletten Unwahrheit, Lüge und Verschwörungstheorie – besonders lautstark für sich ein, denen dieses erstens nie verweigert worden ist, die es aber, zweitens, anders als sie denkenden Menschen niemals gewähren würden, hätten sie die Macht dazu. Käme es je soweit, dass sie sie hätten, wäre es mit der Freiheit der Gedanken, der Worte, der Meinung und der Presse wohl komplett vorbei. „Für jemanden, der der Ideologie der AfD anhängt“, schrieb der Journalist, Autor und Professor für Digitale Kommunikation, Christian Stöcker, vor ein paar Tagen in seiner Kolumne in SPIEGEL-online, „heißt Meinungsfreiheit: Es gibt nur eine Meinung, und zwar unsere.“ Schon jetzt, so Stöcker weiter, versuche die Partei ihre Kritiker mit einschüchternden Maßnahmen zum Schweigen zu bringen, etwa mit „Meldeportalen für unbotmäßige Lehrer und Professoren bis hin zur Forderung, einen General zu suspendieren.“ Es liegt beinahe in der Natur der Sache, dass, wenn aus dieser Richtung von „Lügenpresse“ und staatsgelenkten „Porpagandamedien“ die Rede ist, die in Deutschland weitgehend frei publizierenden zahlreichen rechtsradikalen Medien unterschlagen werden, weil man sich andernfalls ja selbst widerlegen würde. Pressefreiheit verlangen rechte bis rechtsradikale Politiker immer ausschließlich für von ihnen kontrollierte oder ihnen wohlgesonnene Medien, für andere ist sie ihnen zuwider. Allein das reicht als Grund, die Freiheit der Presse nach Kräften zu stärken und zu sichern. Gleichzeitig müssen, insbesondere in den sogenannten sozialen Medien, seriöse und tendenzielle, einseitige bis hin zu falschen Informationen für die Nachrichtenkonsumenten klarer unterscheidbar werden.
Denn je besser Menschen informiert sind, umso freier ist die Gesellschaft, in der sie leben. Das mag manchen Leuten an den Schalthebeln der Macht nicht gefallen, aber im Sinne von Demokratie ist Informationsfreiheit für den Souverän, das Volk, unabdingbar. Und Demokratie ist dem früheren sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow zufolge, für eine freie Gesellschaft so überlebensnotwendig, „wie die Luft zum Atmen.“
Wenn Freiheitsrechte aus angeblichen Sicherheits- und anderen Gründen aber immer weiter eingeschränkt werden oder beim Noch-EU-Mitglied Großbritannien gar das Parlament, also die Volksvertretung, in einer Phase von historischer Bedeutung schamlos ausgeschaltet wird, dann steht es schlecht um die Demokratie, die laut Abraham Lincoln die Regierung des Volkes durch das Volk für das Volk sein soll. Die Praxis aber sieht so aus, dass auf dem Wege über Parteien Volksvertreter nach oben gehievt werden, die dann allzu schnell und sehr leicht das Volk aus den Augen verlieren. Sie neigen dazu, die Freiheit ihres Mandates oder ihres Amtes für die Freiheit derjenigen, denen es in erster Linie ums Geldverdienen geht, einzusetzen, um sich diese zumeist starken Eigeninteressengruppen gewogen zu halten. – Ein Schelm, der dabei an weitere Karriereplanung der Politiker denkt…
Da wird schon einmal, ganz frei von der Geschäftsordnung der Bundesregierung, einem Kabinettsbeschluss und einer Anweisung des Kanzleramtes, mit der deutschen Stimme die weitere Zulassung einer höchst umstrittenen Agrarchemikalie durchgewinkt, auf dass ein deutscher Konzern mit Sitz hier nur über den Rhein ganz frei seinen größenwahnsinnigen Geschäftsinteressen nachgehen kann. Und für den Herrn Minister, der so abstimmte und doch zunächst im Amt blieb, für die Zeit danach ein hochdotierter Posten in der Chemiebranche freigehalten wurde.
In Freiheit blieben auch die Verantwortlichen für einen der größten Betrugs- und Umweltskandale der deutschen Industriegeschichte, dem Abgasskandal. Dass sie und ihre Unternehmen mit tatkräftiger Hilfe der Politik auch weitgehend frei von Schadenersatzzahlungen blieben, raubte vielen der Betrogenen durch den Wertverlust manche finanzielle und damit andere Freiheit. Und den Glauben daran, dass vor dem Gesetz alle gleich sind.
Dabei ging die Entwicklung dem Professor für deutsche Literatur und Philosophie an der Universität im nordenglischen Newcastle, Bernhard Malkmus, zufolge schon zuvor in die falsche Richtung: „Zu lange haben wir“, schrieb er kürzlich in einem Beitrag für die Wochenzeitung „der Freitag“, „Demokratie mit einer Ideologie des Individualismus gleichgesetzt, der die Chefstrategen des Neoliberalismus dann wohlklingende Mäntelchen wie ‚offene Gesellschaft’ und ‚Freiheit’ umgehängt haben. Jetzt, da die materielle und ökologische Basis dieser selbstzerstörerischen Interpretation des Humanismus an unüberwindbare Grenzen stößt, müssen wir darüber nachdenken, was diese Ideale wirklich bedeuten.“ – Naja, ich möchte kritisch anmerken, dass diese „Interpretation des Humanismus“ die Förderung und Unterstützung derjenigen, die die finanzielle Freiheit dazu haben, bedeutet, mit einem Humanismus, der möglichst Vielen zugute kommt, also nicht unbedingt viel zu tun hat.
Dennoch hat Malkmus insofern recht, als dass diese politische Denkrichtung die Freiheit – letztlich sogar der Priviligierten – mindert und dadurch komplett gefährdet. Denn wenn die Menschheit allein in Fragen der Ökologie nicht sehr schnell teils radikale Kurskorrekturen vornimmt, steht die Existenz der Welt, wie wir sie kennen, in Frage.
Wir könnten uns, um zu retten, was zu retten ist, schon sehr bald in einer Situation befinden, in der – ohne bereits von einer Ökodiktatur zu reden – tiefgreifende Einschnitte in manche Freiheitsrechte unumgänglich sind. Und dabei sind Szenarien denkbar, in denen angesichts der Überlebensfragen die Bedeutung finanzieller Mittel für die individuelle Freiheit nachlässt. Eine Zeile aus dem Ende der sechziger Jahre von Kris Kristofferson geschriebenen und durch eine Interpretation von Janis Joplin weltberühmt gewordenen Song „Me and Bobby McGee“ bekäme dann eine ganz neue Bedeutung: „Freedom is just another word für nothing left to lose“ – zu deutsch: „Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, nichts mehr zu verlieren zu haben“.
Aber was ist, wenn jemand auch die Freiheit verloren hat? – Dazu hat mich eine Aussage des Gründungspräsidenten des Club of Rome, des italienischen Industriellen Aurelio Peccei, sehr beeindruckt. Er, der im Widerstand aktiv war, wurde 1944 von den Faschisten für elf Monate eingesperrt. Peccei über diese Zeit: „Die elf Monate in Gefangenschaft waren eine der bereicherndsten Perioden meines Lebens; ich bin tatsächlich glücklich, dass dies alles geschah. Eine der intensivsten Lektionen in Sachen Würde, die ich je lernte, war die, dass angesichts extremer Notlagen auch die Einfachsten unter uns, diejenigen, die außerhalb der Gefängnistore keine Freunde hatten, die Ihnen hätten helfen können, sich ausschließlich auf ihre Überzeugungen und ihre Menschlichkeit stützten. Dadurch wurde ich in meiner Ansicht bestärkt, dass in jedem Menschen Zeit seines Lebens eine latente Kraft liegt, die auf Befreiung wartet und dass die moderne
Gesellschaft lediglich den Weg, diese Kräfte zu befreien, entdecken muß. Dass man im Gefängnis ein freier Mann bleiben kann. Dass Menschen in Ketten gelegt werden können, Ideen aber nicht.“
Apropos Herrschende: Die betonen ja gerne, dass in ihrem Machtbereich Freiheit herrsche. Doch der Dichter Erich Fried hielt dem entgegen: „Freiheit herrscht nicht.“
Laut einem Song des deutschen Musikers Marius Müller-Westernhagen ist Freiheit zwar „das einzige, was zählt“, aber gerade deshalb etwas, das die Reichen und die Mächtigen bei ihren feierlichen Selbstinszenierungen nicht so gerne dabei haben. „Freiheit ist Sklaverei“, propagiert daher der schon einmal erwähnte „Große Bruder“, die allmächtige Partei, in Geroge Orwells Roman „1984“ in völliger Verdrehung der Tatsachen. Wer die Macht dazu hat, bestimmt auch, was die offizielle Wahrheit ist, was die Menschen zu glauben haben. Dabei ist freier Umgang mit der Wahrheit in Verbindung mit Macht für jede Gesellschaft die übelste Giftmischung überhaupt.
„Nur das Gesetz kann uns Freiheit geben“, betonen dagegen die Freimaurer und meinen damit idealerweise ihre Gesetze zu ‚Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit’ sowie zum freien Denken im Sinne von Toleranz und Aufklärung. Leider dringt von solchen Tendenzen viel zu wenig in die Gesellschaft durch, ebenso, wie auch die südamerikanischen Befreiungstheologen, denen es darum geht, die katholische Lehre hinsichtlich fairen Umgangs mit Ureinwohnern und zur Bewahrung der Schöpfung konsequent umzusetzen, einen ausgesprochen schweren Stand innerhalb ihrer Weltkirche und gegenüber der staatlichen Politik haben.
Es scheint ein Naturgesetz zu sein, dass sich Freiheit an der Basis, dort, wo das sogenannte wahre Leben stattfindet, nicht mit der Regulierungswut, den Machtansprüchen von oben und den dortigen Verbindungen zu Wirtschafts- und anderen Größen verträgt. In der derzeitigen Weltlage eignen sich insbesondere vermeintliche Sicherheitsinteressen als Rechtfertigung für immer weitergehende Einschnitte in Freiheitsrechte. So plant der derzeitige Innenminister Horst Seehofer aktuell, durch die Hintertür die Überwachung von Computern auch von investigativen Journalisten und ganzen Redaktionen durch die Installation von sogenannten Staatstrojanern und auf anderen Wegen durch Sicherheitsbehörden zu ermöglichen. Dies wäre eine schwere und kaum wiedergutzumachende Beschädigung des hohen Gutes der Pressefreiheit.
Wie weit ein Überwachungsstaat heute schon führen kann, lässt sich in China beobachten. Und bereits über 40 Jahre zuvor berichtete in der wundervollen Kaninchen-Fabel „Unten am Fluss“ – Originaltitel „Watership Down“ – aus der Feder von Richard Adams ein den Fängen eines gewalttätigen Unterdrückungsregimes entkommenes Kaninchen seinen Freunden: „Du kannst Dein Leben nicht dein eigen nennen und als Gegenleistung hast du Sicherheit – wenn sie sie wert ist bei solch einem Preis“.
So läuft es in der Realität auch: Mit Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen werden immer mehr Einschränkungen von Freiheitsrechten begründet. „Big Brother is watching you.“ – Was soll´s, sagen viele. Sie hätten nichts zu verbergen. Welch fataler Irrtum. Jeder Mensch hat das, und zwar zu recht. Je gläserner die Menschen aber werden, desto überwachbarer wird all ihr Handeln, desto manipulierbarer, letztlich steuerbarer und unfreier werden sie.
Unserer Ex-Kanzlerin – diesen Vorwurf kann ich Angela Merkel nicht ersparen – war dies alles im Zuge der NSA-Affäre vollkommen egal, die Bundesregierung blieb, ihren Amtseid verletzend, untätig. Der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla belog die Bevölkerung sogar noch über angebliche Verhandlungserfolge in Washington. Eine Ungeheuerlichkeit, für die er noch mit einem hochdotierten Vorstandsposten bei der Deutschen Bahn belohnt wurde.
Gründlich missverstanden haben auch zumindest die Bundespolitiker einer Partei, die die Freiheit im Namen und bei so gut wie jeder durchgeboxten oder verhinderten Entscheidung vor sich herträgt, die Bedeutung des Begriffs und wo die Grenzen der Freiheit liegen. Zu glauben, es wäre Bewahrung von Freiheit, eine längst überfällige Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Straßen weiterhin zu verhindern, ist ein fataler Fehler. Schließlich würde ein Tempolimit auch zur Verringerung des CO2-Ausstoßes im Verkehr beitragen. Dass aber die Gesellschaft in einer sich immer weiter aufheizenden Welt ziemlich autoritär und restriktiv regiert und verwaltet würde – also alles andere als freiheitlich – steht außer Frage. Außerdem führt jeder Stundenkilometer, der auf den Straßen mehr gefahren wird, nachweislich zu mehr Unfalltoten und Schwerverletzten. Des einen Freiheit wird da schnell zum Grab des anderen.
Der bereits genannte Journalist und Kommunikationswissenschaftler Christian Stöcker beschrieb die Freidemokratischen Partei Deutschlands in seiner Kolumne vom 24. Oktober 2022 mit dem Titel „Verweigerungspartei FDP – Nichtstun first. Bedenken Second“ in SPIEGEL.de so: „Rückwärtsgewandt, veränderungs- und innovationsunwillig, besitzstandswahrend und ohne jede politische Vision jenseits von: Wer viel Geld hat, muss genauso weiterleben können wie bisher.“
Klar ist, dass solche Politik nicht nur nichts mit der Gesaltung einer freiheitlichen Gesellschaft für alle zu tun hat, sondern diese oftmals sogar konterkariert. Freiheit immer nur für das besser situierte eigene Klientel anzustreben geht nahezu immer mit Freiheitseinschränkungen anderswo einher – und wenn auch noch so indirekt.
Dabei ist die Freiheit der Gedanken, des Wortes und der Meinung sowie der Presse den Mächtigen auch anderer Coleur zumindest tendenziell suspekt. Und die Freiheit der Wissenschaft mögen sie auch nur, wenn sie ihren militärischen oder wirtschaftlichen Interessen nützt.
Doch dies ist die Freiheit, die ich meine. Die Freiheit der Gedanken zuvorderst, und die, diese zu äußern und zu verbreiten. Denn nur in einem Wettstreit der Ideen und mit freiem Austausch der Gedanken wird die Menschheit eine Zukunftschance haben.
Lassen Sie mich mit einem Spruch des Graphikers und Plakatkünstlers Klaus Staeck enden. Er formulierte das Hinweisschild „Ausfahrt freihalten“ treffend so um: „Freiheit aushalten!“
One Reply to “Von der Relativität der Freiheit”
Diese Betrachtung der Freiheit ist sehr komplett, aber auch komplex und für MICH nicht immer leicht zu verstehen. Ist nun Freiheit ein eindeutiges Recht in der Demokratie oder ist Freiheit auch ein zweischneidiges Schwert? Ich erwarte für mich, daß Freiheit und Wahrheit in der Demokratie weit oben stehen, aber ich weiß auch, daß Freiheit und Wahrheit nur schwere zu definieren und zu finden sind.