Podium für klar denkende Autoren

Podium für klar denkende Autoren

„Das Team des ‚Königsdorfer Literaturforums‘ bietet der Allgemeinheit – ehrenamtlich ermöglicht und daher für das Publikum kostenlos – kulturell-politische Veranstaltungen und trägt zu Problemenbewusstsein ebenso bei, wie zum Verständnis von Lösungsmöglichkeiten. Und interessant und unterhaltsam sind diese noch zusätzlich.“

Jürgen Streich

                                                                                                                               

Manche Versuche gelingen so gut, dass sie dazu taugen, zum Prinzip erhoben zu werden. So geschah es im Februar 2004, als der Journalist und Autor Jürgen Streich, der in Königsdorf aufgewachsen ist und kurz zuvor dorthin zurückgezogen war, ausprobieren wollte, ob es in und um Königsdorf ein Publikum für Lesungen von Autoren gibt, die sich „querdenkend“ mit brisanten Themen beschäftigen. Wegen geeigneter Räumlichkeiten sprach er die Pfarrerin Monika Weinmann an. Die beiden waren sich schnell einig, einen Versuch im evangelischen Gemeindehaus zu wagen. So lud der Journalist den Kölner Enthüllungsautor Günter Wallraff ein.

Streich erinnert sich: „Die Kirchengemeinde kam mit dem Nachschub an Stühlen aus der benachbarten Kirche nicht mehr nach, zahlreiche Besucher mussten stehen, der Saal platzte aus den Nähten, als der prominente Kollege aus seinem Buch Ich – der andere vortrug und anschließend engagiert mit dem Publikum diskutierte.“ Streich und Weinmann waren ermutigt, eine Reihe zu planen, die schon zum zweiten Termin einen Namen hatte: „Königsdorfer Literaturforum“. Da berichtete der Edelweißpirat Jean Jülich aus seinem Leben und sang zur Gitarre.

Fortan versuchte der Organisator einerseits bekannte Autoren zu gewinnen, aber bewusst auch weniger bekannte, „die dennoch wichtige Dinge zu sagen haben.“ Als beispielsweise der Frankfurter Ex-Staatsanwalt und spätere Professor für Umweltrecht Erich Schöndorf über seine Ermittlungen in der chemischen Industrie referierte und aus seinen Sachbüchern und Romanen vorlas, konnte man, so Streich, „im Saal die berühmte Stecknadel fallen hören.“

Die Kölnische Rundschau schrieb: „Nie sind es schlichte, konventionelle Lesungen, zu denen das Königsdorfer Literaturforum einlädt. Stets werden die Abende zu Manifesten qualifizierter Gegenöffentlichkeit. Dies ist so, da es ihr Erfinder und Moderator, der Journalist Jürgen Streich, versteht, regelmäßig Autoren einzuladen, die eine couragierte Meinung vertreten, die kaum dem politischen Mainstream zuzurechnen ist.“ Der Kölner Stadt-Anzeiger hielt das Literaturforum für ein „Kleinod“. Auch die lokalen Anzeigen-blätter tragen seither mit gut plazierten ausführlichen Ankündigungen zum Erfolg der  Veranstaltungen bei.

Zu den prominenten Autoren, die beim Literaturforum zu Gast waren, zählen u.a. der langjährige ARD-Russland-Korrespondent und Chef des Polit-Magazins „Monitor“, Klaus Bednarz, der Gründer der Hilfsorganisation „Cap Anamur“, Rupert Neudeck undRalph Giordano, bekannt durch seine Fernseh-Reportagen und seinen verfilmten Weltbestseller, die Familiensaga Die Bertinis. Sehr glücklich, betont Streich, sei er darüber, dass immer wieder auch Träger des Alternativen Nobelpreises in Königsdorf erschienen, denn über diesen hat er selbst das vielbeachtete Buch Vorbilder – Menschen und Projekte, die hoffen lassen geschrieben. Als dieses auf dem „Literaturforum“ vorgestellt wurde und der Autor daher nicht selbst moderieren konnte, übernahm dies sein früheres Idol und heutiger Freund Günter Wallraff, mit dem er bei verschiedenen Anlässen eng zusammenarbeitete. Weitere mit dem hohen Preis aus Stockholm ausgezeichnete Gäste waren, so der Initiator, „die mutige journalistische Aufklärerin der Reaktorhavarie von Tschernobyl und spätere Abgeordnete des Obersten Sowjet, Alla Yaroshinskaya, der akribisch recherchierende Kollege Mycle Schneider aus Paris, die unermüdlich gegen den Hunger auf der Welt und für mehr Demokratie kämpfende Frances Moore Lappé aus den USA, der weltweit für den Einsatz erneuerbarer Energien streitende und leider viel zu früh verstorbene Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer, sowie die in Brühl lebende Monika Hauser, die die in Köln ansässige Organisation Medica mondiale gründete, die sich für in Kriegen sexuell traumatisierte Frauen einsetzt.“ Letztere erhielt als Folge von Hausers Auftritt in Königsdorf mehrere tausend Euro Unterstützung des Frechener Roten Lädchens.

Mittlerweile dreimal hat der Autorenkreis Rhein-Erft seine neuesten Publikationen auf dem Literaturforum vorgestellt, dessen Sprecher, der Nuklearmediziner Prof. Gynter Mödder, auch „solo“ seine bitterböse Satire Gullivers fünfte Reise. Die Lesungsreihe bietet eine breite Palette. Manche Autoren berichten aus dem „Nähkästchen“ des Selbsterlebten, wie der Undercover-Journalist Markus Breitscheidel, der in Altenheimen arbeitete und als Hartz-IV-Empfänger lebte, oder der Nah- und Mittelost-Experte Dieter Bednarz, der von seinen komplizierten Recherchen für das Nachrichtenmagazin SPIEGEL bis hin zu Interviews mit dem früheren iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad in Teheran erzählte. Der Reaktorsicherheitsexperte Rainer Moormann kündigte, kurz nachdem er den renommierten Whistleblower-Preis erhalten hatte, sein gemeinsam mit Streich geplantes Buch mit dem Arbeitstitel Der Jülicher Atom-Unfall an. Der aus zahlreichen Fernsehsendungen bekannte Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom, dessen Stellvertreter Streich im Vorstand des Forschungsinstitutes für Friedenspolitik e.V. ist, wurde selbst lange Zeit rechtswidrig vom Bundesnachrichtendienst ausspioniert und trat mittlerweile schon viermal beim Literaturforum auf.

Weitere Themen waren seither die US-Politik, Kölner Geschichte, Jugendgewalt, internationale Demokratie, Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Computertechnik, Krieg und Frieden, Kampf gegen die Armut, Korruption, der Konflikt zwischen Israel und Palästina sowie fast vergessene Literatur ins Exil geflohener Schriftsteller.

„Das alles ist nur durch ein persönliches Netzwerk möglich“, erörtert Streich, denn die Kontakte zu den Autoren bestehen durch seine Zusammenarbeit mit ihnen selbst oder den Organisationen, Redaktionen etc., denen diese angehören. Die Referenten erhalten kein Honorar, aber ihre Kosten ersetzt und, wenn genug aus dem Hut übrig bleibt, einen Zuschuss zu ihrer Arbeit. Mitunter konnten auch mehrere hundert Euro an gemeinnützige Organisationen der Referenten gespendet werden, so etwa an die von Rupert Neudeck mitbegründeten „Grünhelme“. – Aus dem Hut? – Es ist Tradition beim Königsdorfer Literaturforum, dass zwar kein Eintritt erhoben, aber um freiwilligen „Austritt“ in den herumgereichten Hut gebeten wird.

Da die Veranstaltungsreihe bislang über keinen eigenen Etat verfügte, wäre diese, betont Streich, ohne das Team der fleißigen Helfer nicht möglich. Insbesondere ohne die inzwischen als Polizeiseelsorgerin für Köln und Umgebung tätige langjährige Königsdorfer Pfarrerin Monika Weinmann seien die ersten Jahre des „Königsdorfer Literaturforums“ nicht zu realisieren gewesen, so der Journalist. Aber auch mit dem Küster Alex Spady funktioniere die Organisation ebenso „auf Zuruf“, wie mit den Ehrenamtlichen Jakob Beuth – beide kümmern sich um die Vorbereitung des Raumes und die Technik – Hartmut Roese als „Mann für alle Fälle“ und mit der „Schlüsselgewalt“, Elisabeth Kann, die im Vorfeld bei allem Organisatorischen hilft und den Büchertisch betreut sowie die Buchhandlung BuchReich, die die Bücher dafür liefert. Und Klappern gehört zum Geschäft. Um Plakate, Handzettel sowie die Bekanntmachung der Termine des Literaturforums über den Gemeindebrief und Beiträge in der ökumenischen Zeitschrift „Im Team“ kümmert sich der Journalist Michael Schulz-Jungbluth.

Seit dem 17. September 2010 ist auch der in Königsdorf lebende Konzertpianist und Klavierlehrer Alphonse Sauer dabei. Er sucht thematisch passende klassische Stücke aus, erörtert sie den Besuchern und präsentiert sie am Flügel. Das Publikum will diese musikalischen Beiträge längst nicht mehr missen. So ist Wolfgang Amadeus Mozarts beschwingtes Stück „Rondo alla Turka“, eine musikalische Satire auf Militärparaden, als motivierender Abschluss der Veranstaltungen zur festen Tradition geworden.

Zu einem wesentlichen Bestandteil des Literaturforums ist auch das anschließende Beisammensein der Autoren und des Teams mit den Besuchern im Foyer des Gemeindehauses geworden. „Während Bücher signiert werden und die Gäste zu kostenlosen Getränken eingeladen sind“, so Streich, „finden interessante, mitunter sogar die besten Gespräche statt.“ So seien schon zahlreiche Kontakte entstanden.

Und so ging es auch in das Jubiläumsjahr, das mit einer „alten“ Weggefährtin des Moderators eröffnet wurde: mit Monika Griefahn, langjähriges Vorstandsmitglied von Greenpeace International, spätere niedersächsische Umweltministerin, Bundestagsabgeordnete und heutige Leiterin des Institutes für Medien, Umwelt, Kultur. Nachdem die beiden bei Greenpeace zusammengearbeitet hatten und Streich ein Buchporträt über die Politikerin verfasst hatte, hatte Griefahn den Autor gebeten, auch eines über den Alternativen Nobelpreis zu schreiben (siehe oben), dessen Stiftungs-Co-Vorsitzende und Jurymitglied sie schon lange ist.

Das eigentliche Jubiläums-Event fand erstmals nicht im Gemeindehaus, sondern in der mit circa 250 Besuchern komplett gefüllten Kirche statt. Gekommen war derjenige, mit dem alles begonnen hatte: Günter Wallraff. Mit den Rollen, in die er etwa als Bild-Zeitungs-Redakteur Hans Esser oder Leiharbeiter Ali schlüpfte, um so „aus erster Hand“ über Missstände in Politik, Wirtschaft und Publizistik berichten und als Meister der Camouflage der Gesellschaft den Spiegel vorhalten zu können, hat er Mediengeschichte geschrieben. Und auch beim Jubiläums-Literaturforum zog er das Publikum wieder in seinen Bann, hatte er doch Neues zu berichten. Ganz aktuell leitete er in einer neuen Staffel seiner bei RTL ausgestrahlten Reihe „Team Wallraff – Reporter undercover“ junge Menschen an, die nach seinen Methoden in der heutigen Arbeitswelt recherchierten. Insbesondere beim Fast-Food-Anbieter „Burger King“ führte das zu immensen Veränderungen.

„Auch in der zweiten Dekade setzt das Team des Königsdorfer Literaturforums seither alles daran, Hintergründe zu aktuellen Themen, oder solchen, die die Menschen dauerhaft interessieren, durch kompetente Referenten zu beleuchten“, betonte Jürgen Streich. Und das, wie schon in der Vergangenheit, in allen Darstellungsformen – vom Sachbuch- und Prosatext über Lyrik bis hin zur Satire.

Bereits die ersten Veranstaltungen nach dem Jubiläum bewiesen dies. Edmund Haferbeck, der für seine Doktorarbeit einst nach Wallraff-Methoden in der ostdeutschen Nerzzucht-Branche recherchierte, woraufhin zahlreiche dieser tierquälerischen Hinterhof-Betriebe schließen mussten und heute wissenschaftlicher Mitarbeiter der Tierrechtsorganisation PETA ist, mochten nur wenige Besucher hören, wahrscheinlich, weil allzu deutlich wurde, unter welchen Umständen unser Fleisch- und Fischkonsum ermöglicht wird. Und unter dem Titel „1984 – Und jetzt? – Und wie weiter?“ gab es anlässlich der durch die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden bekanntgewordenen weltweiten Überwachung der elektronischen Kommunikation insbesondere durch den US-amerikanischen Geheimdienst NSA in Form einer Gruppenlesung eine Sonderveranstaltung des Königsdorfer Literaturforums.

Ungeplant – leider, weil nicht einmal einen Monat nach dem Anschlag auf die Redaktion der französischen Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ – hochaktuell war auch der Abend mit dem Sprachwissenschaftler und Religionsexperten Sarjoun Karam, der am Beispiel der syrischen Stadt Saydnaya erörterte, wie gut und eng Christen und Muslime in der Geschichte schon kooperiert haben.

In einer derart vielfältigen und schnelllebigen Zeit wie der heutigen sind die Fragen erlaubt:

Was kann man glauben und was nicht? Wem darf man glauben und wem misstraut man besser? Und was ist überhaupt Glaube? Da die Meinungen hierüber naturgemäß weit auseinandergehen können, stellten dann auch Schriftsteller des Autorenkreises Rhein-Erft getreu dem Motto ‚Glaube nichts, aber halte alles für möglich‘  auf einem Literaturforum Gedanken über Reine Glaubenssachen, so der Titel ihrer aktuellen Anthologie, vor.

Was kann man denn in Zukunft glauben? „Den Autorinnen und Autoren des Königsdorfer Literaturforums alles“, sagt Jürgen Streich augenzwinkernd. Und weiter: „Wir hatten noch keine Gegendarstellungsklage, aber schon sehr engagierte Diskussionen. Und das soll auch so bleiben!“

In der Tat, denn ob der Kölner Wirtschaftsexperte Werner Rügemer argumentiert, das aufgrund des von US-Präsident Donald Trump inzwischen wegen seiner protektionistischen Politik auf Eis gelegte Freihandelsabkommen TTIP beinhalte „Wirtschaftsfreiheit bis zur Demokratiefeindlichkeit“, der Harvard-Absolvent und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach MdB die „Krebs-Industrie“ und andere Aspekte des deutschen Medizinbetriebes kritisiert oder die Rheinland-Regionalgruppe des PEN-Zentrums Deutschland (in das Jürgen Streich im April 2017 selbst hinzugewählt worden war) sich mit der einstigen Freiheit und heutigen Unfreiheit in der Türkei befasst, immer wieder präsentiert das Königsdorfer Literaturforum den Besuchern kompetente und oftmals quer zum oder gar gegen den Mainstream denkende Autoren zu aktuellen Themen.

Dabei stellte die Veranstaltung mit dem Titel „Freiheit alla turca“ jüngst erst ein besonderes Highlight dar, war der Hauptautor des Abends doch Dogan Akhanli aus Köln, den die türkische Regierung wenige Monate zuvor unter Missbrauch von Interpol während eines Urlaubs in Spanien festnehmen und wochenlang in Madrid festsetzen lassen hatte. Akhanli war sichtlich erfreut über den wohlwollenden Empfang durch das große Königsdorfer Publikum, das von dem türkischstämmigen Schriftsteller mit einem berührenden Vortrag und ebenso tiefgehenden Antworten auf Fragen und Diskussionsbeiträgen belohnt wurde. – Es war das erste Literaturforum, bei dem die Polizei die Sicherheitslage im Auge behielt.

Kritik an Vergangenem, Bestehendem oder Geplantem, aber ebenso Lob für und Freude an positiven Entwicklungen oder einfach nur Schönem sowie Sympathie für kreative und fortschrittliche Lösungen klang zuletzt auch bei den Literaturforums-Beiträgen mit eher fiktiven und belletristischen Inhalten deutlich durch. So präsentierte die frühere leitende Dramaturgin Dorothea Renckhoff, die an wichtigen deutschen Bühnen mit führenden Branchengrößen zusammengearbeitet hat, dem Publikum mit Auszügen aus ihrem Roman Verfallen surrealistische Geschichten vom Werden und Vergehen von Leben und Lebensentwürfen, über die Vergänglichkeit von Glück und Liebe, Jugend und Erfolg. Mitglieder der von Jürgen Streich geleiteten Schreibwerkstatt „Federleicht“ der Gold-Kraemer-Stiftung lasen heitere, satirische bis bitterernste Texte vor. Ebenfalls auf großes Interesse stieß der Abend zum 150. Geburts- und 70. Todestag von Streichs Lieblingsschrifteller, H.G. Wells, zu dem der Moderator eine selbst verfasste Biographie des Briten beitrug und vom ihm dazu eingeladene Vorleser/innen Textpassagen des großen britischen Visionärs vortrugen.

Insbesondere für Musikfreunde wird das Literaturforum mit dem international renommierten Dirigenten Ekhart Wycik, als der Professor für Orchesterdirigieren an der Musikhochschule „Franz Lizst“ in Weimar sein gerade erschienenes Buch Zauberflöte – Die unbekannte Bekannte vorstellte, ein unvergessliches Erlebnis bleiben. Wycik brachte dem Publikum auf faszinierende Weise, oftmals augenzwinkernd und doch tiefgründig, anhand der sogenannten „Freimaureroper“ ein Stück europäischer Musikgeschichte und freimaurerische Geisteshaltung näher, das auch für solche Besucher des Literaturforums, die sich sonst weniger mit klassischer Musik beschäftigen, denen aber die Freiheit der Gedanken und die Aufklärung wichtig ist, ausgesprochen interessant ist.

Tu´ es! – Die Welt braucht dich heißt das Buch, mit dem der Wiener Publizist Gerhard Scheucher bei seinem zweiten Auftritt in Königsdorf für ehrenamtlichen Einsatz für die Gemeinschaft warb. „Dieser Titel passte so treffend hier her“, kommentierte Jürgen Streich, „weil das Team des ‚Königsdorfer Literaturforums’ genau das macht: Es bietet der Allgemeinheit – ehrenamtlich ermöglicht und daher für das Publikum kostenlos – kulturell-politische Veranstaltungen an und trägt zu Problemenbewusstsein ebenso bei, wie zum Verständnis von Löungsmöglichkeiten. Und interessant und unterhaltsam sind diese noch zusätzlich.“

Am 25. Januar 2018 gab es in Zusammenarbeit mit der Rheinland-Regionalgruppe des deutschen PEN-Zentrums einen ganz besonderen Abend. Die PEN-Kolleginnen und -Kollegen des damals in Köln lebenden türkischen Autors Dogan Akhanli bereiteten diesem beim „Königsdorfer Literaturforum“ eine Willkommenslesung, war Akhanli doch zuvor viele Wochen lang durch auf der Basis eines an den Haaren herbeigezogenen Haftbefehls seitens der Regierung unter Recep Tayyip Erdogan durch Interpol festgesetzt worden. Die PEN-Gruppe hatte sich letztlich erfolgreich sehr um Akhanlis Ausreise bemüht. Als Hauptautor des Abends wurde er von einem Publikum, das teilweise sogar im Foyer des Gemeindehauses stand, warmherzig empfangen. Da Akhanli zu dieser Zeit von türkischen Nationalisten bedroht wurde, hatte der Organisator und Moderator des „Königsdorfer Literaturforums“ die Polizei des Rhein-Erft-Kreises um Schutz für die Veranstaltung gebeten. Die freundlichen Beamten bekamen dafür anerkennenden Applaus.

Im selben Jahr gab es noch Lesungen des Leiters des Grundsatzreferates der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, Dr. Michael Schäfers aus Königsdorf, aus seinem Buch Wie Papst Franziskus Politik macht über dessen Sozialenzyklika „Laudato si“ und des emeritierten Politologie-Professors Dr. Klaus Hansen aus Pulheim-Stommeln – unmittelbar nach dem Ausscheiden der deutschen Fußball-Nationalmannschaft aus der Weltmeisterschaft in Russland – aus seinen unterhaltsamen bis tiefgründigen Kurzgeschichten und Gedichten aus seinem Buch Soccer zum Phänomen Fußball.

Ende August 2018 führte das „Königsdorfer Literaturforum“ in Zusammenarbeit mit der Stadt Frechen die Eröffnungsveranstaltung des Literaturherbstes des Rhein-Erft-Kreises mit dem Journalisten Dr. Frank Überall, Professor für Journalistik in Köln und Bundesvorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbandes als Hauptautor durch. Er referierte ausgehend von seinem Buch Verbote schwerpunktmäßig über Pressefreiheit und Freiheit des Wortes. Mitsamt der Ehrung der Gewinner des Jugendschreibwettbewerbes und dem Vortrag des Siegers und den Musikbeiträgen des Gitarrenquartetts „Viererkette“ von der Musikschule Frechen wurde es eine würdige und rundum gelungene Eröffnungsveranstaltung vor großem Publikum.

Die ursprünglich für den 19. April 2018 vorgesehene Veranstaltung mit dem Klimaexperten Prof. Dr. Ernst-Ulrich von Weizsäcker, damals Co-Präsident des weltberühmten Denkerzirkels Club of Rome, zu  dessen 50jährigen Bestehen, bei der er das Buch Wir sind dran hätte vorstellen sollen, musste leider auf unbestimmte Zeit verschoben werden, da von Weizsäcker sich kurz zuvor während einer Reise verletzt hatte und operiert werden musste. Doch von Weizsäcker, der inzwischen Ehrenpräsident des Club of Rome und genesen ist, hat einen Nachholtermin zugesagt.

Eine angekündigte Lesung mit dem Kölner Medizinwissenschaftler, früherem Edelweißpiraten und Boxer Prof. Dr. Gerhard Uhlenbruck, entwickelte sich völlig anders, als geplant. Der zu diesem Zeitpunkt 89-jährige Uhlenbruck war auf dem Weg zum „Literaturforum“ auf Glatteis gestürzt und hatte sich heftige Prellungen zugezogen. Doch der Saal im Königsdorfer Gemeindehaus war bereits voll. So unterhielt das Jugend-Gitarrenquartett „Viererkette“ der Musikschule Frechen unter Leitung von Jens Kienbaum das Publikum, während das „Literaturforums“-Team hinter den Kulissen über den weiteren Abend beriet. Das mit dem Ergebnis, dass einige anwesende PEN-Mitglieder sowie Elisabeth Kann, die Lebensgefährtin von Jürgen Streich, die an den Abenden den Büchertisch betreut, per Zufall ausgesuchte Aphorismen aus den Büchern von Gerd Uhlenbruck vorlasen und spontan kommentierten. Zum Schluss des offiziellen Teils der Veranstaltung befand ein Besucher: „Das war die am gelungenste nicht gelungene Veranstaltung, die ich je erlebt habe.“ – Dank des tollen Teams, das hinter der Lesungsreihe steht.

Drei Monate später wurde der Abend mit Uhlenbruck persönlich nachgeholt. Da der in seinen jungen Jahren auch erfolgreicher Boxer war, ließ der in Königsdorf lebende Box-Ex-Weltmeister und -Olypiasieger Thorsten May, der an diesem Tag verhindert war, ihm durch Jürgen Streich ein Paar Boxhandschuhe überreichen, die er so signiert hatte: „Mit Dank für sportliche Menschlichkeit, Dein Thorsten May“. Auch eine Grußbotschaft, die der Moderator verlas, hatte der erfolgreiche Olympionike übermittelt.

Es folgte noch eine Veranstaltung mit Kölner Vertreter/innen der „Fridays for Future“-Bewegung. Besonders beeindruckt war das Publikum davon, dass die jungen Leute betonten, wie wichtig der Zusammenhalt und die Zusammenarbeit mit den älteren Generationen sei, um der Erde eine ökologisch gute Zukunft zu ermöglichen.

Dann kam Corona. Da das „Königsdorfer Literaturforum“ sehr von der Unmittelbarkeit, der Nähe zwischen Autor/innen und Publikum lebt und das Team zunächst von einer kürzeren Pause ausging, wurden zwar keine Online-Veranstaltungen durchgeführt, doch untätig waren die Macher der Reihe auch in dieser Zeit nicht. So zog Jürgen Streichs Schreibwerkstatt „Frechener Schreibstoff“ als künftiger Anhang des „Literaturforums“ mit seinen wöchentlichen Zusammentreffen in das Königsdorfer Gemeindehaus. Und die wegen der Lockdown-Phasen ausgefallenen Veranstaltungen mit dem Astrophysiker Prof. Dr. Heino Falcke aus Frechen, der mit seiner Projektgruppe das erste Foto eines Schwarzen Loches realisierte, und Niklas Frank, der als Sohn des Nazi-Gouverneurs von Polen auch in fortgeschrittenem Alter mit bemerkenswerter Energie gegen jegliche rechtspopulistischen und -radikalen Tendenzen kämpft, wurden für die Zeit nach der Corona-Pandemie vereinbart.

Als es zeitweise wieder möglich war, wurden zwei „Literaturforen“ durchgeführt. So las der Ex-Präsident des deutschen PEN-Zentrums, der Autor und Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Josef Haslinger gut zwei Monate nach der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und im südwestlichen Nordrhein-Westfalen aus seinem Buch „Phi Phi Island“, in dem er darüber berichtet, wie er und seine Familie den Tsunami in Thailand im Jahr 2004 nur mit Glück und durch Zufälle überlebten und was das für ihr weiteres Leben bedeutete.

Bei der nächsten Veranstaltung präsentierte der in Königsdorf lebende Ex-SPIEGEL-Redakteur Georg Bönisch sein gemeinsam mit seinem Kollegen Sven Röbel veröffentlichtes Buch „Fernschreiben 827“. Darin geht es um die Machenschaften des seinerzeit in Erftstadt stark vertretenen DDR-Geheimdienstes Stasi, der die Befreiung des von der RAF gekidnappten Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer, verhindert haben dürften. Diese Veranstaltung soll, weil sie durch die beginnende Omikron-Welle bereits stark eingeschränkt war, wiederholt werden.

Zum völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine trat zum inzwischen fünften Mal der Militär- und Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom auf. In einem eigens für das „Literaturforum“ verfassten Beitrag erörterte er am 28 Juni 2022 Hintergründe zur Vorgeschichte des Konfliktes, dessen Sachstand, Verlaufsmöglichkeiten und beleuchtete Details, die dem zahlreih erschienenen Publikum aus der allgemeinen Berichterstattung nicht bekannt waren.

Das Team des „Königsdorfer Literaturforums“ ist im 18. Jahr der Lesungsreihe hochmotiviert, dem Publikum auch in Zukunft interessante aktuelle ebenso wie zeitlose Themen durch kompetente Autorinnen und Autoren anzubieten.

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Dieser Artikel ist in seiner ursprünglichen Fassung in einer Beilage des „Frechener Wochenendes“ und überarbeitet in der von der evangelischen und katholischen Kirchengemeinde Königsdorf gemeinsam herausgegebenen Zeitschrift „Im Team“ erschienen und anschließend fortlaufend aktualisiert worden.

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